Stell dir vor, du sitzt abends auf dem Sofa, draußen zieht ein Sturm auf, und plötzlich fällt der Strom aus. Im ersten Moment ist das vielleicht nur lästig. Doch was, wenn er stundenlang wegbleibt? Oder tageweise? Hast du Kerzen? Wasser? Ein Notradio?
Genau hier beginnt die eigentliche Kunst des Preppings: nicht nur wahllos Vorräte anzulegen, sondern eine klare, persönliche Risikoanalyse zu erstellen. Denn nicht jede Gefahr betrifft jeden Menschen gleich. Wer in einer Großstadt lebt, muss sich mit anderen Risiken auseinandersetzen als jemand auf dem Land. Wer auf Medikamente angewiesen ist, hat ganz andere Prioritäten als ein kerngesunder Outdoor-Fan.
Prepping ist nicht die Flucht in Panik, sondern das Gegenteil: ein nüchterner, realistischer Blick auf die eigene Situation. Und genau darum geht es bei einer Risikoanalyse.
Warum überhaupt eine Risikoanalyse?
Viele Anfänger im Bereich Krisenvorsorge machen denselben Fehler: Sie sammeln wahllos Ausrüstung und Lebensmittel, ohne vorher zu überlegen, was sie tatsächlich brauchen. Am Ende stehen dann Kartons voller Dosen, die keiner isst, oder Geräte, die nie benutzt wurden.
Eine Risikoanalyse hilft dir, Struktur und Klarheit zu gewinnen. Sie beantwortet Fragen wie:
- Welche Gefahren sind in meiner Region am wahrscheinlichsten?
- Welche Folgen hätten diese Gefahren konkret für meinen Alltag?
- Welche Ressourcen fehlen mir noch?
- Was ist für meine persönliche Situation wirklich relevant – und was nicht?
Ohne Analyse ist Prepping wie ein Einkauf ohne Liste: Man kauft zu viel, vergisst Wichtiges und steht am Ende doch unvorbereitet da.
Schritt 1: Risiken identifizieren
Die Grundlage ist simpel: Überlege dir, welche Krisen in deinem Umfeld realistisch auftreten können. Das können ganz unterschiedliche Szenarien sein.
Typische Risiken in Mitteleuropa
- Naturkatastrophen: Stürme, Hochwasser, Schneefall, Hitzewellen.
- Technische Ausfälle: Stromausfall, Wasserversorgungsprobleme, IT- oder Telekommunikationsstörungen.
- Gesellschaftliche Krisen: Pandemien, Streiks, politische Unruhen.
- Persönliche Notfälle: Krankheit, Jobverlust, Unfall.
Es geht nicht darum, jedes denkbare Weltuntergangsszenario durchzuspielen, sondern Wahrscheinlichkeiten nüchtern abzuwägen.
Ein Beispiel: Wer an einem Fluss lebt, sollte Hochwasser ganz oben auf der Liste haben. Wer in einer Metropole wohnt, muss sich stärker mit Stromausfällen oder Versorgungsengpässen beschäftigen.
Schritt 2: Eintrittswahrscheinlichkeit & Folgen einschätzen
Ein Risiko ist erst dann relevant, wenn man es in Relation setzt. Manche Ereignisse sind zwar extrem, aber selten. Andere treten häufig auf, sind aber meist schnell überstanden.
Eine einfache Möglichkeit ist, Risiken nach zwei Faktoren zu bewerten:
- Wie wahrscheinlich ist es?
- Wie gravierend wären die Folgen?
Beispielhafte Matrix
| Risk | Wahrscheinlichkeit | Folgen | Priorität |
| Stromausfall | hoch | mittel bis hoch | hoch |
| Hochwasser | mittel (wohnortabhängig) | hoch | mittel |
| Pandemie | niedrig bis mittel | hoch | mittel |
| Krieg in Europa | sehr niedrig | extrem hoch | niedrig |
| Kurzfristige Preisschwankungen | hoch | gering | niedrig |
Diese Übersicht ist individuell. Was für dich hohe Priorität hat, mag für jemand anderen nebensächlich sein.
Schritt 3: Eigene Verwundbarkeit prüfen
Die spannendste Frage ist nicht nur: Was kann passieren?, sondern auch: Wie verletzlich bin ich selbst?
Ein Stromausfall in einem Einfamilienhaus mit Kamin und Garten ist eine andere Geschichte als in einer Mietwohnung im 7. Stock ohne Balkon. Ebenso ist eine Familie mit Kleinkindern oder älteren Angehörigen ganz anders betroffen als ein alleinstehender, gesunder Erwachsener.
Fragen, die du dir stellen kannst:
- Bin ich auf Medikamente angewiesen?
- Wie lange halte ich ohne Strom durch?
- Habe ich alternative Wärmequellen?
- Wie viele Menschen im Haushalt sind zu versorgen?
- Welche Ressourcen sind in meiner Umgebung leicht oder schwer verfügbar?
Schritt 4: Maßnahmen ableiten
Die Analyse bringt nur etwas, wenn sie in konkrete Handlungen übersetzt wird. Aus jedem Risiko ergibt sich eine logische Folge.
Beispiel: Stromausfall
- Folge: Licht, Heizung, Kommunikation fallen aus.
- Maßnahmen: Taschenlampen, Powerbanks, Kerzen, Notradio, ggf. kleiner Gaskocher.
Beispiel: Wasserversorgung gestört
- Folge: kein Trinkwasser, kein Kochen, keine Hygiene.
- Maßnahmen: Vorrat an Mineralwasser, Wasserkanister, Filter.
Beispiel: Krankheit
- Folge: eingeschränkte Handlungsfähigkeit, evtl. Quarantäne.
- Maßnahmen: Medikamentenvorrat, Hausapotheke, Hygienematerialien.
Praktische Tipps für deine Risikoanalyse
Damit es nicht nur theoretisch bleibt, hier eine kleine Anleitung:
- Setz dich hin und schreibe auf. Denk nicht nur im Kopf darüber nach. Papier oder eine Tabelle helfen, Klarheit zu schaffen.
- Teile die Risiken in Kategorien ein: Natur, Technik, Gesellschaft, Persönlich.
- Gib jedem Risiko eine Bewertung: wahrscheinlich/unwahrscheinlich, leicht/mittel/schwer.
- Überlege dir konkrete Folgen für dich und deine Familie.
- Leite Maßnahmen ab – und priorisiere sie.
Liste: Häufig unterschätzte Risiken
Viele denken sofort an Kriege oder Katastrophen. Doch die größten Gefahren sind oft unspektakulär:
- Kurze Stromausfälle (einige Stunden bis Tage).
- Unterbrochene Lieferketten (z. B. leere Supermarktregale).
- Heizungsausfälle im Winter.
- Persönliche Notfälle wie Krankheit oder Unfall.
Es lohnt sich, gerade diese alltäglichen Störungen ernst zu nehmen.
Schritt 5: Regelmäßig überprüfen
Eine Risikoanalyse ist kein einmaliges Projekt. Dein Leben verändert sich, genauso wie die Welt um dich herum. Neue Technologien, politische Entwicklungen oder persönliche Umstände verschieben die Prioritäten.
Setz dir deshalb einen festen Termin, z. B. einmal im Jahr, um deine Analyse zu überarbeiten.
Vergleich: Ohne und mit Risikoanalyse
| Situation | Ohne Risikoanalyse | Mit Risikoanalyse |
| Stromausfall | Panik, Kerzen suchen | Taschenlampen & Notradio griffbereit |
| Hochwasser | Flucht ohne Plan | Evakuierungsroute & Dokumente vorbereitet |
| Medikamentenmangel | Stress beim Arzt, kein Vorrat | Reservepackung im Haus |
| Quarantäne | Fehlende Vorräte | Lebensmittel für 2 Wochen vorhanden |
Fazit: Dein Kompass im Krisenwald
Eine persönliche Risikoanalyse ist wie ein Kompass: Sie zeigt dir, wo du stehst und wohin du dich bewegen musst. Sie schützt dich davor, dich in Details zu verlieren oder in Panik zu verfallen.
Wer vorbereitet ist, lebt entspannter. Denn du weißt: Egal, ob der nächste Sturm kommt, die Stromversorgung wackelt oder die Preise im Supermarkt plötzlich explodieren – du hast dir Gedanken gemacht.
Und vielleicht merkst du dabei auch: Prepping ist nicht nur ein Schutzschild für Krisenzeiten. Es ist eine Haltung, die Gelassenheit schenkt. So wie ein Seemann, der vor dem Auslaufen sein Schiff prüft. Nicht, weil er Angst vor dem Sturm hat, sondern weil er wissen will, dass er ihn meistern kann.


