Stell dir vor, der Strom fällt aus. Nicht für ein paar Stunden, sondern für mehrere Tage. Kein Kühlschrank, kein Licht, kein Internet. Der Supermarkt ist leergekauft, der Nachbar fragt nach Kerzen, und im Radio läuft nur noch ein Notfallprogramm. Die eigentliche Frage lautet dann: Wie lange könntest du durchhalten?
Genau darum dreht sich eine der wichtigsten Überlegungen im Bereich Prepping: die Dauer der Selbstversorgung. Es geht nicht nur um ein paar Dosen Ravioli im Keller, sondern um eine durchdachte Strategie, wie du und deine Familie in Krisensituationen klarkommen können.
Was bedeutet „durchhalten“ eigentlich?
„Durchhalten“ klingt nach militärischem Drill oder nach einem Marathon. Für Prepper meint es aber etwas Alltäglicheres: die Fähigkeit, ohne äußere Versorgung eine bestimmte Zeit lang auszukommen. Das umfasst Essen, Wasser, Energie, medizinische Versorgung, aber auch so etwas wie psychische Stabilität.
Interessant ist, dass es dabei kein allgemeingültiges Maß gibt. Die einen bereiten sich auf ein paar Tage ohne Supermarkt vor, die anderen planen, monatelang autark zu leben. Dazwischen gibt es viele Schattierungen.
Warum überhaupt Vorräte anlegen?
Vielleicht fragst du dich: Muss man wirklich so weit denken? Schließlich leben wir in einem Land mit vergleichsweise stabiler Infrastruktur. Das stimmt. Aber es gibt genügend Beispiele, die zeigen, dass ein wenig Vorsorge klug sein kann:
- Der Winter 2021 in Texas, als Millionen Menschen tagelang ohne Strom und Wasser auskommen mussten.
- Die Jahrhundertflut 2021 im Ahrtal, die ganze Ortschaften lahmlegte.
- Oder einfach ein banaler Streik im Transportwesen, der Supermarktregale leerfegen kann.
Niemand muss dabei in Panik verfallen. Preppen bedeutet nicht, ständig mit der Apokalypse zu rechnen. Es bedeutet vielmehr, Handlungsspielräume zu schaffen – und damit auch ein Stück Gelassenheit zu gewinnen.
Die zentrale Frage: Wie lange ist sinnvoll?
Die Antwort hängt stark von den individuellen Lebensumständen ab. Doch man kann ein paar Eckpunkte festhalten:
- Die ersten 72 Stunden
Das ist der Zeitraum, den viele Zivilschutzbehörden als Minimum empfehlen. Wasser, haltbare Nahrung, Medikamente, Lichtquelle, Batterien – all das sollte man für drei Tage griffbereit haben. Der Gedanke dahinter: In den meisten Katastrophen ist nach drei Tagen zumindest eine Basisversorgung von außen wieder möglich.
- Zwei Wochen
Viele Experten, darunter auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), empfehlen mittlerweile, für mindestens 10 bis 14 Tage vorzusorgen. Warum? Weil nicht jede Krise nach drei Tagen vorbei ist. Hochwasser, Stromausfälle oder Lieferengpässe können deutlich länger dauern. Zwei Wochen Versorgung schaffen also eine gewisse Sicherheit.
- Drei Monate und mehr
Hier betreten wir die klassische Prepper-Welt. Wer für mehrere Monate vorsorgt, denkt meist an Szenarien, in denen staatliche Strukturen nur sehr langsam oder gar nicht reagieren. Das ist ambitioniert, verlangt Planung und vor allem Platz.
Praktische Dimensionen: Essen, Wasser, Energie
Um nicht abstrakt zu bleiben, hier eine kleine Übersicht.
| Bereich | Minimum (72 Std.) | Solide Vorsorge (2 Wochen) | Erweiterte Vorsorge (3 Monate) |
| Water | 9 Liter pro Person | 42 Liter pro Person | ca. 270 Liter pro Person |
| Food | 6–7 Mahlzeiten | 42 Mahlzeiten | ca. 180 Mahlzeiten |
| Energy | Kerzen, Batterien | Campingkocher, Powerbank | Solarpanel, Generator |
| Medication | Basisapotheke | Vorrat für 2 Wochen | Vorrat + Alternativen |
Die Zahlen wirken auf den ersten Blick einschüchternd. Aber sie machen deutlich: Je länger der Zeitraum, desto mehr Logistik steckt dahinter.
Viele stolpern beim Gedanken an monatelange Vorräte über dieselbe Hürde: Wo soll man das alles lagern? Und wie verhindert man, dass Lebensmittel schlecht werden? Hier helfen ein paar Grundsätze:
- Schrittweise aufbauen
Keiner muss morgen eine dreimonatige Vollversorgung im Keller haben. Fang klein an: Kaufe jedes Mal ein paar zusätzliche Konserven oder eine Packung Nudeln mehr. Mit der Zeit wächst der Vorrat von allein.
- Rotation beachten
Lebensmittel halten nicht ewig. Wichtig ist daher das Prinzip „First in, first out“. Was du neu kaufst, kommt nach hinten ins Regal. Was vorne steht, wird zuerst verbraucht. So vermeidest du, dass Dinge ungenutzt verderben.
- Vielfalt einplanen
Niemand möchte drei Wochen lang nur Dosenmais essen. Achte auf Abwechslung: Konserven, Trockenprodukte, Öl, Nüsse, haltbare Snacks. Ein Vorrat, der schmeckt, hebt auch die Stimmung.
- Wasser nicht vergessen
Viele machen den Fehler, vor allem an Essen zu denken. Dabei ist Wasser oft kritischer. Ohne Flüssigkeit hält man nur wenige Tage durch. Hier lohnt es sich, Kanister oder spezielle Wasserfilter zu besorgen.
Mehr als Kalorien: Der mentale Faktor
Wer Prepping nur auf Zahlen und Vorräte reduziert, übersieht einen wichtigen Aspekt: das Durchhalten im Kopf. In Krisenzeiten spielen Routine und Zuversicht eine enorme Rolle. Ein Lager voller Lebensmittel nützt wenig, wenn die Stimmung kippt oder Panik ausbricht.
- Kleine Rituale helfen: gemeinsam kochen, eine Kerze anzünden, Musik hören (mit Kurbelradio oder Solargerät).
- Beschäftigung ist wichtig: Bücher, Spiele oder ein Notizbuch können Wunder wirken.
- Und nicht zuletzt: Reden. Wer die Lage im Austausch verarbeitet, bleibt stabiler.
Woher weißt du, was für dich passt?
Ein allgemeines Rezept gibt es nicht. Aber eine einfache Leitfrage bringt dich weiter:
Wie lange möchte ich im Ernstfall unabhängig sein?
Von dort aus lässt sich rückwärts rechnen. Bist du alleinstehend und mobil, reichen vielleicht zwei Wochen. Hast du Familie mit Kindern, wirst du eher länger planen. Lebst du auf dem Land mit Garten und Brunnen, sehen deine Möglichkeiten anders aus als in einer Stadtwohnung im vierten Stock.
Eine kleine Übung: Testlauf
Eine gute Methode, um den eigenen Stand einzuschätzen, ist ein „Probelauf“. Schalte am Freitagabend den Strom aus, drehe die Sicherung raus, und versorge dich bis Sonntagabend nur mit dem, was du im Haus hast. Kein Supermarkt, kein Lieferdienst.
- Reicht das Wasser?
- Ist genug Essen da?
- Wie fühlt sich die Dunkelheit an, wenn man nur Kerzenlicht hat?
Diese Erfahrung ist oft eindrücklicher als jede theoretische Liste. Und sie zeigt sofort, wo noch Lücken sind.
Drei Stufen für die Praxis
Um ein greifbares Modell zu haben, kannst du deine Vorbereitung in drei Stufen gliedern:
- Kurzfristig (3 Tage)
- Basisüberleben, Notsituationen, Unfälle.
- Mittelfristig (2 Wochen)
- Realistische Krisen wie Stromausfälle, Naturkatastrophen.
- Langfristig (3 Monate und mehr)
- Tieferes Prepping, Autarkie, Vorsorge für unwahrscheinliche, aber gravierende Szenarien.
So kannst du Schritt für Schritt wachsen, ohne dich zu überfordern.
Fazit: Durchhalten als Balance
Die Frage, wie lange man als Prepper durchhalten sollte, ist weniger eine mathematische Formel als eine persönliche Entscheidung. Drei Tage sind Pflicht, zwei Wochen sind vernünftig, drei Monate sind ambitioniert.
Entscheidend ist nicht, die größte Vorratskammer der Nachbarschaft zu haben, sondern das richtige Maß für die eigenen Umstände zu finden. Wer vorbereitet ist, hat nicht nur Dosen im Regal, sondern auch Ruhe im Kopf.
Am Ende geht es nicht darum, wie lange man im Keller sitzen kann, sondern darum, im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben – ob drei Tage, zwei Wochen oder ein halbes Jahr. Und vielleicht ist genau das die eigentliche Stärke des Preppers: nicht das stumpfe Horten, sondern die Gewissheit, im Notfall mehr als nur auf den Zufall vertrauen zu müssen.


