Stell dir vor, du bist mehrere Tage von der Außenwelt abgeschnitten. Kein Supermarkt, kein Lieferdienst, nicht einmal die Möglichkeit, auf Vorräte aus dem Keller zurückzugreifen. Was du dann bei dir hast, entscheidet über deine Handlungsfähigkeit – manchmal sogar über dein Durchhaltevermögen.
Genau hier kommt die Idee der Notration ins Spiel. Ein kompaktes, nahrhaftes, möglichst haltbares Lebensmittel, das wenig Platz braucht und dich trotzdem zuverlässig mit Energie versorgt. Viele denken sofort an militärische Rationen oder die berühmten Bundeswehr-Päckchen. Aber was, wenn du dir deine Notration selbst herstellen könntest – angepasst an deine Vorlieben, günstiger und ohne Zusatzstoffe?
Warum eine eigene Notration sinnvoll ist
Industriell hergestellte Notfallpakete sind praktisch, keine Frage. Sie sind oft vakuumverpackt, standardisiert und leicht zu verstauen. Aber: Sie schmecken selten wirklich gut, sind teuer und enthalten nicht selten mehr Zucker und Geschmacksverstärker, als man eigentlich möchte.
Eine selbstgemachte Notration hat dagegen klare Vorteile:
- Kontrolle über die Zutaten: Du bestimmst, was hineinkommt – ob Fleisch, Nüsse oder Trockenfrüchte.
- Kostenersparnis: Viele Basiszutaten lassen sich günstig einkaufen.
- Individuelle Anpassung: Allergien, Vorlieben oder Ernährungsweisen – alles lässt sich berücksichtigen.
- Traditionelles Wissen: Du knüpfst an uralte Methoden an, die schon Menschen über Jahrhunderte genutzt haben.
Klassiker der Notration: Pemmikan
Wenn man über Notrationen spricht, fällt fast immer ein Wort: Pemmikan. Ursprünglich stammt dieses Kraftpaket aus Nordamerika. Die Ureinwohner erfanden es, um Fleisch haltbar zu machen und auf langen Reisen oder im Winter genügend Energie zur Verfügung zu haben.
Die Grundidee ist einfach und genial:
- Mageres, getrocknetes Fleisch wird fein zerstoßen.
- Mit geschmolzenem Fett vermengt.
- Optional mit Trockenfrüchten ergänzt.
Das Ergebnis ist ein kompaktes, extrem energiereiches Nahrungsmittel, das über Monate – in kühlen Bedingungen sogar über Jahre – haltbar bleibt. Kein Wunder, dass Pemmikan bei Trappern, Polarforschern und Soldaten gleichermaßen beliebt war.
Grundrezept für Pemmikan
Hier ein klassisches Rezept, das du nach Bedarf variieren kannst:
- Fleisch trocknen
- Verwende Rind oder Wild. Wichtig: so fettfrei wie möglich.
- In dünne Streifen schneiden und bei niedriger Temperatur (ca. 50–60 °C) im Ofen, Dörrautomaten oder über dem Feuer trocknen.
- Das Fleisch muss „knackig“ brechen, nicht mehr biegsam sein.
- Fleisch zerkleinern
- Getrocknetes Fleisch im Mörser oder Mixer zu Pulver zerkleinern.
- Fett vorbereiten
- Rindertalg oder Schmalz langsam auslassen.
- Das flüssige, klare Fett abseihen.
- Mischen
- Fleischpulver mit dem Fett verrühren. Verhältnis etwa 1:1.
- Wer mag, fügt getrocknete Beeren (z. B. Preiselbeeren) hinzu – für Vitamine und Geschmack.
- Abfüllen
- In kleine Formen oder Dosen füllen und erkalten lassen.
- Luftdicht verpacken.
Nährstoffvergleich verschiedener Notrationen
| Ration | Kalorien (ca. pro 100 g) | Haltbarkeit | Besonderheiten |
| Pemmikan | 500–600 kcal | Monate bis Jahre | Sehr fettreich, traditionell |
| Müsliriegel | 350–450 kcal | 6–12 Monate | Süß, leicht verfügbar |
| Hardtack (Schiffszwieback) | 300–350 kcal | Jahre | Extrem haltbar, aber trocken |
| Nussmischung | 550–650 kcal | 6–12 Monate | Viel Energie, anfällig für Ranzigkeit |
Weitere Ideen für selbstgemachte Notrationen
Neben Pemmikan gibt es eine Reihe anderer Möglichkeiten. Manche stammen aus alten Zeiten, andere sind moderne Varianten:
1. Hardtack (Schiffszwieback)
Ein extrem harter Keks aus Mehl, Wasser und Salz. So trocken, dass er praktisch ewig hält. Früher auf Schiffen genutzt, heute noch beliebt bei Survivalisten.
2. Energieriegel selbst gemacht
Haferflocken, Nüsse, Honig, Trockenfrüchte – zu Riegeln gepresst und gebacken. Praktisch, nahrhaft und individuell anpassbar.
3. Trockenobst & Nüsse
Kombiniert ergeben sie eine erstaunlich lang haltbare und kalorienreiche Mischung. Wichtig: luftdicht und dunkel lagern.
4. Suppenkonzentrate
Getrocknetes Gemüse und Gewürze mit Salz und Fett zu einer kompakten Mischung verarbeiten. Im Notfall mit heißem Wasser aufgießen.
Liste: Was macht eine gute Notration aus?
- Hohe Kaloriendichte – Energie auf kleinem Raum.
- Lange Haltbarkeit – mindestens Monate, besser Jahre.
- Einfache Zubereitung – möglichst „essen und los“.
- Transportabel – kompakt, leicht, bruchsicher.
- Bekömmlich – nicht zu süß, nicht zu schwer, verträglich auch im Stress.
Haltbarkeit und Lagerung
Egal, welche Notration du herstellst – die richtige Lagerung entscheidet.
- Kühl und dunkel: Keller oder Vorratskammer sind ideal.
- Luftdicht: Sauerstoff beschleunigt Verderb.
- Portionieren: Besser mehrere kleine Päckchen als ein großes.
Ein Tipp aus der Praxis: Vakuumieren. Wer einen Vakuumierer besitzt, kann Haltbarkeit und Transportfähigkeit enorm verbessern.
Kleine persönliche Anekdote
Ich habe mein erstes Pemmikan in einer gusseisernen Pfanne geschmolzen. Der Duft von warmem Rindertalg war… sagen wir, gewöhnungsbedürftig. Doch als das Fleischpulver hineinkam und die Masse zu einem kompakten Block wurde, verstand ich plötzlich, warum dieses Rezept Jahrhunderte überlebt hat. Ein Stück abgeschnitten, probiert – nahrhaft, intensiv, ungewohnt. Aber genau das ist der Punkt: Es funktioniert.
Praktische Einsatzszenarien
Wann macht eine selbstgemachte Notration wirklich Sinn?
- Auf längeren Wanderungen: Pemmikan oder Hardtack sind leicht mitzunehmen.
- Bei Stromausfall: Keine Kühlung nötig.
- In der Krisenvorsorge: Ein kleiner Vorrat kann die Zeit überbrücken, bis andere Ressourcen greifen.
- Als Ergänzung: Notrationen sind kein Ersatz für eine abwechslungsreiche Ernährung, aber ein wichtiger Baustein.
Liste: Fehler, die man vermeiden sollte
- Zu viel Zucker verwenden – macht die Ration instabil und klebrig.
- Fett ohne ausreichendes Erhitzen nutzen – es kann ranzig werden.
- Zu große Mengen auf einmal herstellen – lieber klein anfangen.
- Verpackung vernachlässigen – Luft, Licht und Feuchtigkeit sind Feinde.
Ein Bild zum Mitnehmen
Stell dir einen Winterabend vor. Draußen tobt der Sturm, der Strom ist ausgefallen, der Kühlschrank tot. Du greifst in dein Vorratsregal, öffnest ein kleines Päckchen und hältst einen Block Pemmikan in der Hand. Kompakt, schlicht, unscheinbar – und doch ein Stück Sicherheit. Genau das macht Notrationen so wertvoll.
Fazit
Eine Notration selbst herzustellen, ist kein Hexenwerk. Mit wenigen Zutaten und etwas Geduld lässt sich ein Lebensmittel schaffen, das dich über Tage oder Wochen trägt. Pemmikan, Hardtack oder selbstgemachte Riegel – jede Variante hat ihre Vor- und Nachteile. Wichtig ist, dass du experimentierst, herausfindest, was dir liegt, und deine Vorräte so anlegst, dass sie zu deinem Leben passen.
Denn am Ende geht es nicht nur um Kalorien. Es geht um das gute Gefühl, vorbereitet zu sein – mit einem Stück Tradition, das dich im Ernstfall stärkt.


