Es gibt Momente draußen in der Wildnis, da wünscht man sich nichts sehnlicher als einen kräftigen Regenschauer. Nicht, um nass bis auf die Knochen zu werden, sondern weil man weiß: Regen bedeutet Trinkwasser. Wer jemals stundenlang unterwegs war, mit einer trockenen Kehle und leeren Flaschen, der sieht in jeder Wolke am Himmel einen stillen Verbündeten. Doch Regen allein genügt nicht – man muss ihn auch auffangen können. Und genau darum geht es hier: Wie du im Lager Regenwasser sammelst, sicherst und nutzbar machst.
Warum Regenwasser so wertvoll ist
Wasser ist Leben – ein Satz, den wir alle kennen, aber erst draußen bekommt er Gewicht. Ohne Nahrung hält man es tagelang aus. Ohne Wasser? Kaum mehr als drei Tage.
Regenwasser hat zwei große Vorteile:
- Es fällt überall, auch fernab von Flüssen oder Seen.
- Es ist meist sauberer als stehendes Wasser, das voller Bakterien, Algen oder Parasiten sein kann.
Natürlich: Auch Regenwasser kann verunreinigt sein – etwa durch Staub, Pollen oder den ersten Schmutz, den es von Blättern spült. Aber mit ein paar einfachen Kniffen lässt es sich so auffangen, dass es eine verlässliche Trinkquelle wird.
Die Grundidee: Fläche schaffen, Tropfen lenken
Regen fällt von oben, versickert im Boden oder verdunstet. Wer davon etwas nutzen will, muss zweierlei tun:
- Fläche schaffen, damit mehr Tropfen gesammelt werden.
- Lenken, damit das Wasser in ein Gefäß oder eine Grube läuft.
Es ist fast wie bei einem Trichter. Je breiter der Trichter, desto mehr landet im Inneren.
Möglichkeiten, Regenwasser aufzufangen
Es gibt nicht die eine perfekte Methode. Vielmehr hängt alles davon ab, was man dabei hat und wie lange man bleiben will.
1. Plane oder Tarp nutzen
Die effektivste Variante, wenn man vorbereitet ist. Einfach ein Tarp oder eine große Plane schräg aufspannen, sodass das Wasser in eine Ecke läuft und von dort in einen Behälter tropft.
Tipp: Je steiler der Winkel, desto schneller läuft das Wasser ab – und desto weniger bleibt als Pfütze stehen.
2. Kleidung zweckentfremden
Keine Plane? Dann geht es auch mit dem, was man am Körper trägt:
- Ein Regenponcho, straff zwischen Ästen gespannt, funktioniert ähnlich.
- Selbst eine Jacke kann, verkehrt herum aufgehängt, wie eine improvisierte Rinne wirken.
3. Blätter und Naturmaterialien
In tropischen Regionen legen sich riesige Blätter fast von selbst als Auffangschale an. Aber auch hierzulande kann man mehrere große Blätter überlappend arrangieren, um Wasser in eine Mulde zu leiten.
4. Bodenmulden nutzen
Eine flache Mulde im Boden mit Lehm oder Ton auskleiden, vielleicht mit Blättern auslegen, und schon hat man eine kleine Zisterne.
Liste: Improvisierte Auffangmöglichkeiten
- Plane, Tarp, Poncho
- Jacke oder Hemd, zwischen Stöcken befestigt
- Kunststoffbeutel oder Müllsäcke
- Große Blätter oder Baumrinde
- Bodenmulde mit Ton oder Gras ausgekleidet
- Gespannte Schnur, an der ein Tuch hängt (das Wasser läuft zum tiefsten Punkt)
Der Bau einer Regenfalle – Schritt für Schritt
Eine klassische und sehr effiziente Methode ist die sogenannte „Trichterfalle“.
- Material finden: Plane, Jacke oder große Stücke Rinde.
- Rahmen bauen: Vier Äste zu einem Quadrat verbinden.
- Material befestigen: Tuch oder Plane straff über den Rahmen spannen.
- Neigung geben: Eine Seite etwas tiefer binden, sodass das Wasser dorthin läuft.
- Behälter platzieren: Am tiefsten Punkt ein Gefäß oder eine improvisierte Schale stellen.
Das Ergebnis: Ein kleines Dach, das den Regen wie ein Trichter sammelt.
Tabelle: Vergleich der Methoden
| Methode | Materialbedarf | Effizienz (bei starkem Regen) | Aufwand |
| Plane/Tarp | Tarp, Seil | sehr hoch | gering |
| Kleidung spannen | Jacke, Hemd | mittel | gering |
| Blätter anordnen | große Blätter, Zweige | gering bis mittel | mittel |
| Bodenmulde | Erde, Ton, Blätter | mittel | hoch |
Worauf man achten sollte
Regenwasser ist nicht automatisch „rein“.
- Erste Minuten verwerfen: Besonders bei Dach- oder Blattsammlungen. Das erste Wasser spült Schmutz, Pollen oder Insektenreste mit.
- Gefäß sauber halten: Schmutz im Sammelbehälter kann Keime vermehren.
- Filter nutzen: Ein einfaches Sieb aus Stoff, Gras oder Sand entfernt grobe Partikel.
- Abkochen, wenn möglich: Selbst wenn das Wasser klar aussieht, können Mikroorganismen enthalten sein.
Praktische Tipps für mehr Erfolg
- Stell mehrere kleine Auffangstellen auf – so erhöhst du die Gesamtmenge.
- Spanne Gefäße schon vor dem Regen auf, nicht erst, wenn die Tropfen fallen.
- Nutze natürliche Strukturen: Hänge ein Gefäß unter eine Astgabel, von der das Wasser ohnehin tropft.
- Überprüfe deine Konstruktion regelmäßig – manchmal reicht ein verrutschter Ast, und alles läuft daneben.
Szenarien aus der Praxis
Ein Sommerregen im Lager
Ein Wanderer im Mittelgebirge spannt sein Tarp über dem Schlafplatz ab. Als der Regen einsetzt, stellt er unter die tiefste Ecke einen Topf. In einer Stunde hat er fast zwei Liter Wasser gesammelt – genug für Abendessen und Trinkflasche.
Improvisation im Notfall
Keine Plane, kein Topf. Stattdessen: Ein Hemd zwischen zwei Äste gespannt, darunter eine Plastiktüte aus dem Rucksack. Das Ergebnis war nicht perfekt, aber immerhin ein halber Liter Wasser – und in einer Notsituation zählt jeder Tropfen.
Der psychologische Aspekt
Es ist erstaunlich, wie sehr sich die Stimmung hebt, wenn man den ersten Becher Regenwasser in der Hand hält. Dieses Plätschern, Tropfen für Tropfen, wirkt fast beruhigend. Man spürt: Die Natur versorgt mich. Gleichzeitig wächst das Gefühl von Kontrolle – man ist nicht mehr nur dem Zufall ausgeliefert, sondern hat aktiv vorgesorgt.
Persönliche Note
Ich erinnere mich an ein kleines Experiment, das ich mit Freunden im Wald gemacht habe. Es war Hochsommer, kaum Regen angesagt, aber plötzlich zogen Wolken auf. Wir spannten eine Jacke zwischen zwei Bäumen, stellten darunter eine Tasse – und tatsächlich: Nach einer Viertelstunde hatten wir ein paar Schlucke gesammelt. Es war nicht viel, aber es fühlte sich an wie ein kleiner Sieg.
Liste: Dinge, die man im Rucksack haben sollte
Wer vorbereitet in den Wald geht, erhöht seine Chancen erheblich:
- Tarp oder Plane
- Seil oder Paracord
- Einfache Plastikbeutel
- Faltbarer Wasserbehälter
- Filtertuch oder Kaffeefilter
Fazit: Regen als Geschenk nutzen
Regenwasser im Lager aufzufangen ist eine Kunst, die simpel wirkt und doch enorme Bedeutung hat. Es ist eine Mischung aus Improvisation, Aufmerksamkeit und etwas handwerklichem Geschick.
Ob du ein Tarp über den Schlafplatz spannst, Blätter als Schale benutzt oder eine kleine Bodenmulde auskleidest – jede Methode bringt dich näher an das Ziel: sauberes Wasser, das dich versorgt.
Der Regen selbst ist unberechenbar, aber die Fähigkeit, ihn zu nutzen, ist ein Werkzeug, das in keiner Sammlung fehlen sollte. Denn wenn es draußen plätschert, dann hörst du nicht nur das Geräusch von fallendem Wasser – du hörst das Versprechen von Leben.


